Das BMF äußert sich in einem Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen und ändert den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE).
Die Finanzverwaltung hat nach knapp 2 Jahren jetzt erstmalig zu der Problematik der Gutscheine nach § 3 Abs. 13 ff. UStG Stellung genommen und dies in einen neuen, 14 Absätze umfassenden, Abschn. 3.17 UStAE aufgenommen. Im Wesentlichen folgen die Ausführungen der gesetzlichen Vorgabe und gliedern sich wie folgt:
Definition und Abgrenzung von Gutscheinen;
* Einzweck-Gutscheine i. S. des § 3 Abs. 14 UStG;
* Einzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im eigenen Namen und im fremden Namen);
* Bestimmung des Leistungsorts bei Einzweck-Gutscheinen;
* Bemessungsgrundlage bei Einzweck-Gutscheinen;
* Nichteinlösung von Einzweck-Gutscheinen bzw. Remonetarisierung;
* Mehrzweck-Gutscheine i. S. des § 3 Abs. 15 UStG;
* Mehrzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im fremden Namen und im eigenen Namen);
* Bestimmung des Leistungsorts bei Mehrzweck-Gutscheinen;
* Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen;
* Nichteinlösung von Mehrzweck-Gutscheinen bzw. Remonetarisierung
Definition und Abgrenzung von Gutscheinen
Die Finanzverwaltung gibt im Wesentlichen die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen wieder. Gutscheine müssen als Gegenleistung zur Einlösung bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen eingesetzt werden können. Unbeachtlich ist, in welcher Form die Gutscheine vorliegen (auf Papier, als Plastikkarten oder in elektronischer Form). Ebenfalls unbeachtlich ist, ob der Gutschein ausreicht, um eine bestimmte Leistung in Anspruch nehmen zu können oder ob noch eine Zuzahlung erfolgen muss.
Einzweck-Gutscheine i. S. d. § 3 Abs. 14 UStG
Über die sich aus dem Gesetz ergebenden Voraussetzungen für Einzweck-Gutscheine hinaus, stellt die Finanzverwaltung fest, dass für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins die Identität des leistenden Unternehmers anzugeben ist sowie die Leistung dahingehend zu konkretisieren ist, dass der steuerberechtigte Mitgliedstaat und der auf die Leistung entfallende Steuersatz und damit der zutreffende Steuerbetrag mit Sicherheit bestimmt werden können.
Wichtig: Soweit der Leistungsort vom Status des Leistungsempfängers abhängt, muss feststehen, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist und die Leistung für sein Unternehmen bezieht.
Weiterhin fordert die Finanzverwaltung – auch nicht unmittelbar aus dem Gesetz ableitbar -, dass für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins der Leistungsgegenstand zumindest in Hinblick auf die Gattung angegeben sein muss. Unter Gattung ist die Gesamtheit von Arten von Waren oder sonstigen Leistungen zu verstehen, die in ihren wesentlichen Eigenschaften derart übereinstimmen, dass hieraus der zutreffende Steuersatz eindeutig bestimmbar ist.
Wichtig: Der Gutschein “soll” vom Aussteller sichtbar als Einzweck-Gutschein gekennzeichnet sein. Auf diese vom leistenden Unternehmer vorzunehmende rechtliche Einordnung sollen alle nachfolgenden Unternehmer in einer Leistungskette vertrauen können, soweit sie nicht Kenntnis davon haben müssen, dass es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt. Diese Anforderung der Finanzverwaltung erscheint weder durch die Gesetzeslage gedeckt zu sein, noch lässt sich aus dem Schreiben erkennen, welche Rechtsfolgen sich ergeben würden, wenn diese Kennzeichnung nicht erfolgt.
Es kann sich auch dann um einen Einzweck-Gutschein handeln, wenn der Gutschein zum Bezug mehrerer, genau bezeichneter Einzelleistungen berechtigt. In diesen Fällen ist der Gesamtbetrag im jeweiligen Verhältnis der Einzelleistungen aufzuteilen.
Bei einem Einzweck-Gutschein entsteht die Umsatzsteuer bei Besteuerung nach vereinbarten Entgelten im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins, bei Übertragung an einen anderen Unternehmer im Übertragungszeitpunkt. Die Einlösung des Gutscheins führt zu keinen umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen. Bei einer Zuzahlung ist der Differenzbetrag der Besteuerung zu unterwerfen.
Mehrzweck-Gutscheine i. S. d. § 3 Abs. 15 UStG
Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben definiert die Finanzverwaltung den Mehrzweck-Gutschein für die Fälle, in denen Ort und/oder Steuerbetrag (insbesondere bei Inanspruchnahme von Leistungen, die dem Regelsteuersatz oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen können) bei Ausgabe des Gutscheins nicht endgültig feststehen. Umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen ergeben sich in diesem Fall nicht (Umtausch von Geld in eine andere Form eines Zahlungsmittels).
Wie auch bei den Einzweck-Gutscheinen “soll” der Mehrzweck-Gutschein vom Aussteller sichtbar als solcher gekennzeichnet werden. Auch hier sollen alle nachfolgenden Unternehmer in einer Leistungskette auf diese Einordnung vertrauen können, soweit sie nicht Kenntnis davon haben müssen, dass es sich nicht um einen Mehrzweck-Gutschein handelt.
Erst bei Einlösung des Mehrzweck-Gutscheins kommt es zu einer umsatzsteuerrechtlichen Konsequenz in Abhängigkeit von der für den Gutschein in Anspruch genommenen Leistung.
Quelle: Haufe Verlag